Teilhabechancengesetz: Weitere Förderung Langzeitarbeitsloser gefährdet

Eingliederungshilfe soll um 200 Millionen Euro gekürzt werden/Caritas: Mittel für Teilhabechancengesetzt reichen schon bislang nicht aus

Diözese Münster/Haltern (cpm). Der Hoffnungsschimmer für Langzeitarbeitslose droht schon wieder zu verglimmen. Erst 2019 trat das Teilhabechancengesetz in Kraft, jetzt könnten die notwendigen Mittel dafür versiegen, wenn die Mittel der Eingliederungshilfe wie vom Finanzminister geplant um 200 Millionen Euro gekürzt werden. Dagegen wehrt sich die Bundesarbeitsgemeinschaft "Integration durch Arbeit" (BAG IDA) der Caritas. "Schon jetzt werden vielerorts keine neuen Stellen bewilligt, weil die Mittel ausgeschöpft sind", kritisiert Helmut Flötotto, Referatsleiter Soziale Arbeit im Diözesancaritasverband Münster.

Dass das Teilhabechancengesetz durchaus erfolgreich wirkt, hat nicht nur das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit in einer Auswertung der ersten beiden Jahre festgestellt. Michael Halberstadt, bei der Caritas Ostvest für den Fachbereich Arbeitsmarktintegration zuständig, bestätigt das vor Ort. 600 Langzeitarbeitslose haben darüber allein im Kreis Recklinghausen eine geförderte Beschäftigung erhalten. Seit Ende vergangenen Jahres können allerdings schon mangels Geld keine weiteren Stellen bewilligt werden. Bei der Jugendwerkstatt Haltern sind die Langzeitarbeitslosen in der Grünanlagenpfl ege, in der Radstation und im FairKaufHaus beschäftigt.

Die Förderung ist ebenso wie das Gesetz auf fünf Jahre befristet. In den ersten beiden Jahren wird der Lohn komplett aus der Eingliederungshilfe getragen, danach schmelzen die Zuschüsse über drei weitere Jahre ab. Zum 31. Dezember 2024 soll das Gesetz auslaufen. Die Caritas fordert allerdings schon seit Inkrafttreten, diese Befristung aufzuheben, und die Ampelregierung hat dies im  Koalitionsvertrag auch vorgesehen. Doch selbst wenn es so käme, stirbt die darin hart erkämpfte Förderung der Langzeitarbeitslosen mangels Finanzierung, fürchtet Flötotto. Zumal aus dem Topf der Eingliederungshilfe künftig unter anderem auch Zahlungen für die Flüchtlinge aus der Ukraine erfolgen sollen.

Aus Sicht von Michael Halberstadt müsste die Förderung im Gegenteil gestärkt und dauerhaft angelegt werden, wie es für Menschen mit Behinderungen geregelt ist. Natürlich habe es einen positiven Eff ekt, wenn Jemand wieder Beschäftigung fi ndet, Neues lernt und sich wieder an Arbeit gewöhnt. Aber man dürfe nicht der Illusion unterliegen, dass damit alle vorher bestehenden Beschäftigungshindernisse ausgeräumt sind: "Sie sind nach fünf Jahren nicht jünger und gesünder und können keinen besseren Schulabschluss nachweisen", sagt Halberstadt. Trotzdem sei es allemal besser, Arbeit zu fördern, statt weiter Hartz IV zu zahlen. Neben mehr Lebenszufriedenheit und Teilhabe sei dies für den Staat auch noch günstiger.

041-2022 (hgw) 20. April 2022

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