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Unser Konzept

Stand: 2017-05-08

Unser Projekt richtet sich an:
  • Kinder und Jugendliche vom 4. Lebensjahr bis zum jungen Erwachsenenalter, deren Eltern psychisch-/ suchtkrank sind
  • und an psychisch- /suchtkranke Eltern mit Kindern unter 4 Jahren. *1; *2
Ausgangslage:

Statistisch gesehen weisen jährlich ca. 30 % der deutschen Gesamtbevölkerung eine oder mehrere psychische Störungen auf, davon 11,2 % Alkoholstörungen. *3

Durchschnittlich jeder fünfte psychisch erkrankte Erwachsene in der stationären klinischen Versorgung, in den Institutsambulanzen und Tageskliniken ist Vater oder Mutter eines minderjährigen Kindes. In jedem zehnten Fall, bei dem eine Hilfe zur Erziehung durch das Jugendamt gewährt wird, liegt eine psychische Erkrankung eines Elternteils vor. Etwa drei Millionen Kinder in Deutschland leben mit einem psychisch kranken Elternteil. *4

Weiter wird von 2,6 Millionen Kindern und Jugendlichen ausgegangen, die dauerhaft oder zeitweise von der Alkoholabhängigkeit mindestens eines Elternteils betroffen sind. *5

Die Zahlen machen deutlich, dass Kinder von psychisch-/suchtkranken Eltern keine Randgruppe sind.

Kinder vor eigener Erkrankung schützen

Kinder aus betroffenen Familien erleben häufig eine hohe psychosoziale Belastung. Sie sind vielfach über längere Zeit elterlichen Verhaltensweisen ausgesetzt, die sie weder verstehen noch verarbeiten können. Die Kinder erleben die Unberechenbarkeit der elterlichen Zuwendung und fehlende Verlässlichkeit. Sie entwickeln häufig massive Angst- und Schuldgefühle, da sie glauben, die psychischen Probleme der Eltern mit verursacht zu haben.

Auch betroffene Eltern fühlen sich oft verunsichert, wie sie ihren Kindern die Entstehungsbedingungen, Folgen und Auswirkungen der psychischen Erkrankung/ Suchterkrankung verständlich erklären sollen. Ein gutes Umgehen mit der Erkrankung im Alltag stellt in der Regel für das gesamte Familiensystem eine große Herausforderung dar.

Eine Tabuisierung der psychischen Erkrankung innerhalb und außerhalb der betroffenen Familie erschwert den Umgang mit der Problematik und führt zur sozialen Isolierung. Die Kinder stehen unter sozialer Dauerbelastung. Ihre gesunde Persönlichkeitsentwicklung ist bedroht.

Die Ergebnisse der bisherigen wissenschaftlichen Studien *6 und insbesondere der Resilienzforschung besagen, dass Kinder in schwierigen Lebensumständen einer besonderen Unterstützung und Förderung von Schutzfaktoren bedürfen, um sich gesund entwickeln zu können. Eine Stärkung der psychischen Widerstandsfähigkeit der Kinder ist demnach die beste Vorbeugung vor bleibenden seelischen Schäden.

Hier setzt unser Präventionsangebot an
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SCHÜTZT FÖRDERT UND STÄRKT KINDER!

Wesentliche Ziele der Arbeit sind, die Auswirkungen der elterlichen Erkrankung auf die kindliche Entwicklung zu mildern und die Familie zu festigen.

Das Beratungsangebot umfasst neben Familiengesprächen, Einzelkontakte und Gruppenarbeit mit Kindern, die in ähnlichen Situationen leben. Entsprechend ihrem Alter wird den Kindern ein offener, spielerischer und kreativer Rahmen geboten, in dem sie belastende Emotionen und bedrückende Erfahrungen ausdrücken können.

Ziel ist die Förderung einer gesunden Identitätsentwicklung des Kindes. Eine altersgerechte Informationsvermittlung über die psychische Erkrankung bzw. Suchterkrankung der Eltern ermöglicht das gegenseitige Verständnis innerhalb der Familie und unterstützt den Abbau von Ängsten.

Weitere Ziele sind die Stärkung der gesunden Kräfte innerhalb der Familien, der Aufbau eines sozialen Netzes für die ganze Familie zur Überwindung von sozialer Isolation und die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Lebenssituation von Kindern psychisch- bzw. suchterkrankter Eltern und deren Familien.

Betroffene Familien können direkt Kontakt zu proanima aufnehmen. In der Regel erfolgt eine Vermittlung über andere Beratungsdienste aus dem Bereich der Jugend-, Familien- und Suchthilfe und sowie Institutionen aus dem Bereich des Gesundheitswesens. Mit Einverständnis der Familien wird ein Fachgespräch mit der anmeldenden Stelle vereinbart, so dass eine enge Kooperation aller beteiligten Institutionen gelingen kann.

Im Erstgespräch geht es zunächst um die aktuelle Beschreibung der Lebenssituation. Hier wird über Hilfen und Angebote informiert und es werden Vereinbarungen über das weitere Vorgehen getroffen.
Im ersten Familiengespräch geht es um das Kennenlernen und das Schaffen einer vertrauensvollen Atmosphäre. Alle Familienmitglieder werden nach ihren eigenen Erfahrungen, Wahrnehmungen und Erwartungen gefragt sowie zu ihren Ideen, wie mit krankheitsbedingten Belastungen in Zukunft besser umgegangen werden kann.

Das Einverständnis der Eltern für die Arbeit mit den Kindern wird eingeholt. Das Kind erhält somit die Erlaubnis über seine eigene Erlebnis- und Gefühlswelt im Zusammenhang mit der Erkrankung der Eltern zu sprechen.

Das Kind bekommt in Einzelsitzungen die Möglichkeit, die eigenen Gefühle, Gedanken und Wünsche in seiner eigenen altersgemäßen Form auszudrücken.

Bei Bedarf finden Familiengespräche statt. Es kann auch ein Gespräch mit allen Familienmitgliedern, unserer Fachkraft und einem Facharzt für Psychiatrie vereinbart werden. Unter Moderation wird der Familie in angemessener Form die psychische Erkrankung/Suchterkrankung und die daraus resultierenden elterlichen Verhaltensweisen sowie die Behandlung erklärt.

proanima bietet auch regelmäßig erlebnisorientierte Gruppenarbeit für die Kinder an.

Zudem hilft proanima den Kindern und Eltern, ihr privates Netzwerk zu erweitern bzw. besser zu nutzen. Besteht ein Bedarf, werden die Familien motiviert und begleitet, weitere fachliche Hilfen wie z. B. eine Erziehungsberatung, flexible Familienhilfen oder eine Suchtberatung in Anspruch zu nehmen. Besteht bereits ein professionelles Helfersystem, ist für proanima eine intensive Kooperation sowie Abstimmung der verschiedenen Aufgaben und eine Transparenz gegenüber allen Beteiligten selbstverständlich!

In weiteren Gesprächen mit Eltern, Kindern oder der gesamten Familie werden schließlich Perspektiven erarbeitet. Welche Problemlösungsansätze haben sich in der Familie bewährt und wo liegen ihre besonderen Ressourcen?

Weiter kann ein gemeinsamer Plan entwickelt werden, um "Krisensituationen" konstruktiv zu lösen.

Im Sinne der Qualitätssicherung wird nach Abschluss einer Beratung mit den Beteiligten der Beratungsprozess reflektiert und die Veränderungen festgehalten.

Zur Sicherung der Nachhaltigkeit wird nach einem halben Jahr ein Nachsorgetermin vereinbart.

Die Kinder, Jugendlichen und die Eltern haben die Möglichkeit eine erneute Beratung und Krisenhilfen in Anspruch zu nehmen.

Die Mitarbeiter_innen und das Projektteam nehmen regelmäßig an Supervisionen, kollegialen Beratungen und Fortbildungen teil.

*1 Das Angebot gilt für Menschen (Bürger_innen) im Einzugsgebiet der Stadt Haltern am See.
*2 Da Suchterkrankungen gemäß der allgemein anerkannten Diagnosestandards (z.B. ICD 10) zu den psychischen Erkrankungen zählen, beziehen wir diese mit ein.
*3 Quelle: Robert-Koch-Institut
*4 Quelle: Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V. - http://www.psychiatrie.de/dachverband/kinder/
*5 Quelle: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen - http://www.dhs.de/arbeitsfelder/kinder-aus-suchtfamilien.html
*6 siehe Arbeiten Prof. Dr. Albert Lenz, Katholische Hochschule (KatHo) Nordrhein-Westfalen, Paderborn; Vortrag Prof. Dr. Silke Wiegand-Grefe, Medical School Hamburg ''Kinder psychisch kranker Eltern &ndash Aktuelles aus der Forschung an den Schnittstellen'' anläßlich der 6.Tagung ''Kleine HeldInnen in Not - Prävention und gesundheitsfördernde Hilfen für Kinder psychisch erkrankter Eltern'' vom 25.-26.6.15